Julius Kibiger - Kunstmaler aus Müllheim-Feldberg
Bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Julius Kibiger im Jahr 1978, nannte ihn der damalige Regierungspräsident Hermann Person den „Patron des Markgräflerlandes“. Dabei bezog er sich insbesondere auf das große Engagement des Künstlers für die Gemeinde Auggen und den Hebelbund Müllheim. Denn die Traditionen und Menschen der Region lagen dem Landschaftsmaler schon immer sehr am Herzen.
Kibiger wurde am 23. Mai 1903 in Feldberg, heute ein Ortsteil der Stadt Müllheim, geboren. Sein ungewöhnliches künstlerisches Talent wurde bereits in frühen Kindheitstagen vom damaligen Pfarrer Ludwig Götz erkannt und gefördert. Dennoch folgte er dem Wunsch seines Vaters nach einer soliden Ausbildung und absolvierte zunächst eine Malerlehre. Diese schloss er 1922 erfolgreich ab.
Nun konnte er endlich seinem Ziel, Kunstmaler zu werden, nachgehen. Er begann eine Fortbildung an der Kunstgewerbeschule in Basel und wurde später Schüler des bekannten Lörracher Malers Hermann Daur. Während dieser Zeit unternahm er eine sechswöchige Studienreise durch die Kunststädte Italiens. Sie bestärkte ihn in seinen weiteren beruflichen Plänen.
Um eine handwerkliche Basis für seine künstlerische Laufbahn zu schaffen, gründete Kibiger zunächst einen Malerbetrieb in Auggen. Anspruchsvolle Anstriche und gezeichnete Schriftzeichen entwickelten sich bald zu Markenzeichen des Betriebs. Die Bemalung von Truhen, Bauernschränken, Theaterkulissen und Panoramatafeln sowie die Fassadenmalerei bildeten schließlich den Übergang vom Handwerk zum Kunsthandwerk.
Auch in den Kriegsjahren Zweiten Weltkriegs konnte Kibiger sein Talent weiter ausüben. Denn es war ihm vergönnt seinen Wehrdienst als Maler und Zeichner zu leisten. Und während seiner Kriegsgefangenschaft (1945-1946) in Frankreich erhielt er aufgrund seiner Malerei eine Sonderbehandlung.
Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft nahm Kibiger wieder seine Arbeit in Auggen auf. Inspiriert durch die Lüftlmalerei, die er während seiner Militärzeit in Bayern kennen lernte, begann er im ganzen Markgräflerland die Fassaden seiner Auftraggeber mit diesen Bildern zu schmücken. Hierbei half ihm zudem sein umfangreiches Wissen über Fresko- und Sgraffitotechniken. Wie begehrt seine Wandmalereien damals waren, zeigt sich bei einem Streifzug durch die Region. Denn noch heute gibt es kaum eine Gemeinde, in der sich nicht mindestens ein Werk des Meisters entdecken lässt. Der Erfolg jener ersten Nachkriegsjahre verhalf ihm, sich nun vollständig als Kunstmaler zu etablieren.
Um die zahlreichen Aufträge bewältigen zu können, benötigte er schon bald größere Räumlichkeiten. Diese Gelegenheit nutzte Kibiger, um sich als Architekt zu erproben und verwirklichte sein neues Atelier nach eigenen Plänen – natürlich in Auggen.
Denn eine aktive Beteiligung am gesellschaftlichen Leben seines Heimatdorfes war für Kibiger ganz besonders wichtig. Gemeinsam mit seiner Tochter Gerda entwarf er die Auggener Tracht, mit der Mitbegründung des Winzerfestes engagierte er sich für neue Pfarrglocken und als einer der Gründer des Hebelbundes Müllheim brachte er seine Verbundenheit mit den Markgräfler Traditionen zum Ausdruck.
Seine zweite Leidenschaft, das Erkunden fremder Länder, lebte Kibiger seit Anfang der 60er-Jahre auf ausgedehnten Reisen voll aus. Ob Europa, der Orient oder Afrika, immer wieder zog es ihn mit vollen Skizzenbüchern zurück ins Markgräflerland.
Die Motive seiner Werke blieben dabei überwiegend dieselben. Ganz der Heimat verbunden handeln sie von Menschen bei der Arbeit oder auf dem Feld, trinkfreudigen Zechern, historischen Personen, Sagengestalten, Hausheiligen und Schutzpatronen. Denn schließlich malte Kibiger nicht für Museen oder Biennalen, sondern für die Menschen seiner Heimat.
Ehrungen wie die silberne Verdienstmedaille der Gemeinde Auggen, das Bundesverdienstkreuz und die Ehrenbürgerwürde blieben bei soviel Liebe zur Heimat nicht aus.
Inmitten Kibigers erfolgreichem Wirken ereilte ihn ein schwerer Schicksalsschlag. Mit dem plötzlichen Tod seiner Frau Mina schien er nicht nur seine langjährige Lebenspartnerin, sondern auch die Schaffenskraft verloren zu haben. Zwar brachte er noch einige wenige Werke zu Papier, aber der für ihn typische Pinselstrich war nicht mehr derselbe. Nur zwei Jahre später starb Julius Kibiger am 19. Februar 1983 nach kurzem Krankenhausaufenthalt in Müllheim.
Aber in Vergessenheit werden er und sein Oeuvre mit etwa 4000 Werken gewiss nicht gelangen. Kurz nach seinem Tod rief seine Tochter Gerda Sehringer-Kibiger den "Freundeskreis Julius Kibiger" ins Leben. Alte Freunde und Bekannte treffen sich noch heute jedes Jahr an Christi Himmelfahrt, um gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen und neue Ausstellungen oder Projekte rund um Julius Kibiger zu verwirklichen.