Leo Famulla sitzt auf einem Gartenstuhl hinter seinem Haus. Vor ihm auf dem Tisch hält seine Frau Fabiola eine Bienenwabe auf der reges Getummel herrscht. Er zieht seine Brille ab und bewegt seine Hand zielsicher und konzentriert, aber zugleich ruhig und locker auf die Bienenwabe zu. Will er die Bienen wirklich mit der bloßen Hand greifen? Nur wenige Sekunden später hält er die Königin des Bienenvolkes zwischen Zeigefinger und Daumen und präsentiert sie stolz. „Das kann nicht jeder Imker“, sagt seine Frau. Damit er sie das nächste Mal schneller erkennt, klebt er der Königin einen kleinen farbigen Punkt auf den Körper.
Seit ungefähr 40 Jahren imkert der 54 jährige Markgräfler Leo Famulla. Bereits seine beiden Großväter, sowie sein Großonkel, waren Hobbyimker. Nur sein Vater wich von der Tradition ab. „Die ersten Handgriffe habe ich noch von meinem Großvater gelernt, den Rest habe ich mir selber beigebracht.“ Nicht nur die Bienenkästen, das alte Meisterstück vom Großonkel, sondern auch eine alte Schleuder und die Bienenvölker konnte er übernehmen. Ein vergleichsweise einfacher Start.
Und was ist mit der typischen Schutzkleidung? „Die war früher wichtiger“, erklärt Leo Famulla, „da waren die Völker noch nicht so sanftmütig. Aber für Anfänger spielt sie natürlich noch immer eine große Rolle“. Sanftmütig sind die Bienenvölker allerdings nicht grundsätzlich von Natur aus. Denn Leo Famulla ist nicht nur Hobbyimker, sein Steckenpferd ist die Zucht.
Durch Verhaltensbeobachtung und Selektion züchtete der Imker weniger stechfreudige Bienen. Er öffnet einen Bienenkasten und fängt an mit den Händen direkt darüber zu wedeln: Kaum eine Biene schwärmt aus.
Varroamilbe und Pestizide wesentliche Faktoren für zunehmende Verluste an Bienenvölkern
Als Zuchtobman vom Landesverband Baden ist er verantwortlich für 7.000 Imker und ungefähr 70.000 Bienenvölker. Aber nicht nur die Sanftmut der Bienen ist wichtig, sondern auch die Selektion von Bienen auf Krankheitsresistenz. „Eines der größten Probleme stellt die Varroamilbe dar.“ Als Parasit ist die Milbe ein wesentlicher Faktor für die zunehmenenden Verluste an Bienenvölkern.
2008 wurden Famullas 30 Völker durch eine Vergiftung mit dem Pestizid Clothianidin, ein Beizmittel für Mais, stark geschwächt. Der Supergau hat damals die gesamte Rheinschiene betroffen. Fabiola Famulla erklärt, dass das Pestizid „nicht richtig an der Oberfläche gehaftet“ und sich so bei der Aussaat „eine Art Staub in der Umgebung verteilt hat.“ Nicht nur Bienen haben den hoch giftigen Stoff aufgenommen, auch alle anderen Insekten waren betroffen. „Die Insektenwelt war wie ausgestorben, es war richtig unheimlich.“
Bienenköniginnen werden bis auf die Nordseeinseln verschickt
Leo Famulla präsentiert eine kleine gelbe Plastikbox: „In diesen verschicke ich die Königinnen zu anderen Imkern mit der Post.“ Die Zucht dieser gehört ebenfalls zu seinen Aufgaben. Manchmal müssen die Bienenköniginnen eine längere Reise auf sich nehmen. Dann geht es mit einer Spedition bis auf die Nordseeinseln. Dies hat einen ganz speziellen Grund. Die Nordseeinseln sind ein idealer Paarungsplatz, sogenannte Belegstellen.
Zwar gibt es auch eine Belegstelle im nahegelenen Steinenstadt, dort ist aber nicht gewährleistet, dass im Umkreis von sieben Kilometern keine weiteren Bienen leben – eine Voraussetzung für erfolgreiches Züchten. „Dies ist auf dem Land relativ schwierig zu erreichen“ und da „Bienen nicht gerne über das Wasser fliegen, sind die Nordseeinseln eine optimale Alternative“.
Dieser Ausflug ist sehr aufwändig, besonders für einen Markgräfler Imker. Aber im Gegensatz zur künstlichen Besamung, bei welcher alle Drohnen zum Zuge kommen, ist die natürliche Fortpflanzung immer noch die bessere Variante. Denn die Natur sorgt von sich aus für eine natürliche Selektion: nur die stärksten Drohnen haben Paarungserfolg.
Dafür haben die Markgräfler, im Vergleich zu den Norddeutschen, einen anderen Vorteil: den Schwarzwald. Hierher wandern jährlich viele Imker um den beliebten Tannenhonig zu gewinnen. „Dieses Jahr warten wir noch auf den Tannenhonig“, erzählt Leo Famulla und hofft, dass sich dies bald ändert.
Seit über 20 Jahren bekommt Famulla alle zwei Jahre für sein Produkt eine Goldmedaille bei der Honigprämierung
Seinen Honig verkauft er in der Region: an der Haustüre, an Hotels und auf Weihnachtsmärkten im Markgräflerland. Seit über 20 Jahren hat er alle zwei Jahre für sein Produkt eine Goldmedaille bei der Honigprämierung bekommen.
Sein Wissen teilt er auch gerne mit dem Nachwuchs. Über den Imkerverein in Müllheim bietet er Anfängerkurse an: Theorie, Praxis und eine Erstausstattung wird geboten.
„Dieses Hobby nimmt viel Zeit in Anspruch“ und es gehört sicherlich „ganz viel Idealismus dazu“. Diesen scheinen Leo und Fabiola Famulla ausreichend zu haben.