Die Lammkoteletts sind butterzart und auf den Punkt gebraten: mit knusprigem Rand, medium rare und zergehen fast auf der Zunge. Ein Zweig Rosmarin, ein frisches Salbeiblatt, dazu fluffig-krosse, würzige Macaireplätzchen (Kartoffelomelette), geschmolzene Cocktailtomätchen an der Rispe und ein Glas französischer Merlot – man wähnt sich im Schlaraffenland der Provence. Vor allem, wenn man im Sommer im Freien tafelt umgeben von Palmen und Oleander unter sonnengelben Sonnenschirmen und mit Blick auf die schönen alten Hausfassaden des Müllheimer Marktplatzes.
Das Hotel Restaurant „Stadthaus“ ist eine kulinarische Oase. „Klassische Küche, französisch angehaucht“ umschreibt Chefkoch und Inhaber Tino Schneider das, was er seinen Gästen vorsetzt. Und das ist fast ein bisschen Understatement. Nach seiner Lehre im Badenweiler Hotel Römerbad kochte er in der Liga der Internationalen Spitzenköche in Saint Tropez, Zermatt und Genf, eine Saison lang Seite an Seite mit Star Koch Alain Ducasse. Ein Super-Chef sei der gewesen, erinnert sich Schneider. Er weiß, wie man ein Chateaubriand richtig in Szene setzt, wie man ein „Café de Paris“ zubereitet, jene sündhaft leckere Buttersauce, die ein Filet oder ein Steak zu einem Festschmaus werden lässt. Und auch die hausgemachten Dessert-Kreationen, für die man unbedingt Platz lassen sollte, zeigen die Handschrift des souveränen Könners, der von seinen internationalen Erfahrungen das Beste mit ins Markgräflerland gebracht hat. Schneider ist ein Verfechter der klaren schnörkellosen Küche, in der vor allem Frische und Qualität zählen. Und er kocht alles frisch: Die Hollandaise für die Spargelgerichte wird für jeden Teller frisch zubereitet. Das kostet etwas Zeit, aber das Warten lohnt sich. Nicht nur Fleisch, auch Fischgerichte sind eine Spezialität des Kochs. Viele Gäste kommen deswegen eigens am Dienstagabend, wenn Schneider beim Großhändler war. „Ich kaufe immer nur eine Sorte frischen Fisch. Wenn der weg ist, ist er weg“, sagt Schneider. Ein Steinbeißer-Filet beispielsweise in der Pfanne in Butter gebraten und an warmen Sommertagen nur von Salzkartoffeln und einer Scheibe Zitrone begleitet, wird zum kulinarischen Höhenflug. Die 16,90 Euro hierfür sind ein Beispiel für das überaus stimmige Preis-Leistungsverhältnis im „Stadthaus“. Das Gemüse kommt vom Müllheimer Wochenmarkt direkt vor dem Haus.
Gastronomie als Familientradition
Dass auf der Weinkarte neben französischen Spezialitäten und edlen Tröpfchen aus den Kellern der Müllheimer Weingüter Dörflinger und Schindler und aus Britzingen auch ein echter Elsässer Edelzwicker auf der Karte steht, hat familiäre Gründe: Ehefrau Annie stammt aus der Gastronomenfamilie, die das Hotel-Restaurant und Weingut Munsch im elsässichen Saint-Hippolyte am Fuß der Hohkönigsburg betreibt. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem Lehrgang in Genf. „Mein Opa war Koch, mein Papa war Koch, mein Bruder und mein Mann sind auch Köche“, erzählt sie. Sie selbst hat ihre gastronomische Ausbildung in der Hotelfachschule in Lausanne absolviert. Ob Sohn Rafael (17) später auch am Herd stehen wird, ist noch offen. Und auch Tino Schneider hat gastronomische Wurzeln: Sein Vater war Chefkoch der Hilton-Kette und für die Festmenus verantwortlich, wenn wieder ein neues Haus eröffnet wurde. Deswegen steht bei ihm als Geburtsort Puerto Rico im Pass. Im Kindergartenalter kam er dann nach Müllheim, als seine Eltern 1971 das „Stadthaus“ kauften.
Ein Anwesen mit Geschichte & Geschichten
Das 400 Jahre alte Anwesen hat eine bewegte Vergangenheit, tagten hier doch nach derErhebung Müllheims zur Stadt ab 1810 die Räte und Bürgermeister, als es noch kein Rathaus gab. Und hier hat Gustav Struve am 23. September 1848 die deutsche Republik ausgerufen auf seinem Zug von Lörrach kommend. Der zierliche Balkon über dem Haupteingang, der auch heute noch gut erhalten ist, gibt ein wahrhaft theatralisches Rednerpult ab. Aber der Balkon ist noch lange nicht alles, was im Stadthaus Geschichte und Geschichten erzählt: Die urige Holzbank an der Hauswand, auf der man wie in einer italienischen Kleinstadt sitzen und bei einem Gläschen Wein dem Betrieb auf dem Marktplatz zuschauen kann, ist eine echte, zertifizierte „Papstbank“: Sie diente als Kirchenbank für den Freiluftgottesdienst, als Papst Benedikt 2011 in Freiburg predigte. Im Foyer steht die überlebensgroße „Stadthaus-Eva“ aus Lindenholz, ein Unikat, das der bayrische Schreiner Klaus Bartels geschaffen hat. Von ihm stammt auch die neue Bestuhlung im Lokal, die mit klarem Design und einem hohen Sitzkomfort punktet.
Text/Fotos: Dorothee Philipp
Allgemeine Informationen zum Hotel Restaurant „Stadthaus“
Hotel Restaurant Stadthaus
Marktstraße 3
79379 Müllheim
Telefon: 07631/2442
Web: www.hotel-stadthaus.com